Wenn die Seele leise ist

Leben mit einer unsicheren Hündin

Heetje ist eine Lagotto Romagnolo Hündin – 2021 geboren, im Februar 2022 mit acht Wochen zu uns gekommen. Sie stammt von einem Züchter, hatte keinen schweren Start ins Leben, wurde geliebt, gepflegt, nicht traumatisiert. Und trotzdem: Sie ist sensibel, vorsichtig, schnell überfordert – besonders in sozialen Situationen. Ein sogenannter „Angsthund“? Nein. Aber eben auch kein Hund, der in einer unbekümmerten Selbstverständlichkeit durchs Leben geht.

In den ersten Wochen war das kaum spürbar. Heetje wirkte ruhig, unauffällig, schien sich gut einzufinden. Auch weil von Anfang an ein sicherer Anker an ihrer Seite war: Ella, unsere quirlige, lebensfrohe Pudelmix-Hündin. Sie war nie ein Problem für Heetje – im Gegenteil: Ihre fröhliche, ausgeglichene Art gibt Heetje bis heute Orientierung und Stabilität. Der Kontrast zwischen beiden ist groß – und vielleicht gerade deshalb so bereichernd.

Mit den ersten Hundebegegnungen kam dann Heetjes Unsicherheit zum Vorschein. Der Welpenkurs in einer ersten Hundeschule – unstrukturiert, überfordernd – war leider alles andere als hilfreich. Dort stürmten die Welpen ungebremst auf sie zu, es gab kaum Anleitung, keinen Raum für ihre feine Art. Heute glaube ich, dass diese frühen Erfahrungen eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Was schwerer wiegt als jede Unsicherheit von Heetje, ist manchmal mein eigener Zweifel. Die Frage, ob ich bei der Sozialisierung etwas versäumt habe. Ob Corona und die Giardien-Erkrankung in den ersten Wochen zu viel Raum eingenommen haben. Ob ich etwas falsch gemacht habe. Immer wieder werde ich gefragt, ob Heetje aus dem Tierschutz kommt – als dürften nur solche Hunde ängstlich oder vorsichtig sein. Diese Annahme, dass „gute Herkunft“ automatisch einen unproblematischen Hund bedeutet, setzt unter Druck. Aber Hunde sind Individuen – und auch wenn man alles „richtig“ macht, entwickeln sie sich manchmal anders als erwartet. Heute weiß ich: Es geht nicht darum, Fehler zu suchen. Sondern darum, zu verstehen, zu begleiten – und nicht stehen zu bleiben.

Heetje meidet fremde Menschen und geht auf Abstand, besonders wenn sie bedrängt wird. Bei anderen Hunden zeigt sie Unsicherheit durch Bellen. Auch Menschen werden hin und wieder angebellt – aber das bessert sich. Es gibt Fortschritte – mit Menschen wie mit Hunden. Doch es braucht Management. Es braucht Geduld.

Natürlich gibt es Rückschläge. Momente, in denen ein Spaziergang gut läuft – bis plötzlich ein übersehener Hund auftaucht, Heetje erschrickt, bellt, in die Schleppleine kracht. Dann atmen wir durch, ordnen uns neu, fangen scheinbar wieder an. Aber eben nur scheinbar. Denn mit jedem Erlebnis wächst das gegenseitige Vertrauen ein Stück mehr.

Heetje ist ein Seelenhund. Eine, die viel spürt. Eine, die nicht laut ist – sondern leise. Sie fordert mich heraus, zeigt mir Geduld, Mitgefühl und Achtsamkeit. Manchmal überfordert sie mich auch. Aber sie zeigt mir jeden Tag, dass Entwicklung nicht immer gradlinig sein muss.

Es ist erlaubt, müde zu sein. Es ist erlaubt, Hilfe zu brauchen.

Ein unsicherer oder sensibler Hund braucht vor allem eines: einen Menschen, der bleibt. Der führt, ohne zu zwingen. Der schützt, ohne einzuschränken. Der sagt: Ich sehe dich. Und wir schaffen das. Schritt für Schritt. Nicht perfekt – aber gemeinsam.

Heute haben wir zum Glück den richtigen Ort gefunden: den Treffpunkt für Hunde. Diese Hundeschule ist für uns viel mehr als nur ein Trainingsplatz – sie ist ein sicherer Raum, in dem Heetje so sein darf, wie sie ist. Hier werden Hunde individuell gesehen, mit Empathie begleitet und nicht in ein Schema gepresst. Es wird nicht an Symptomen herumtrainiert, sondern an Vertrauen gearbeitet – in den Hund, in sich selbst, in das Miteinander. Heetje darf in ihrem Tempo lernen, mit ihren Stärken und Herausforderungen. Für mich als Halterin ist der Treffpunkt für Hunde ein echter Partner geworden – kompetent, ehrlich, bestärkend. Ich bin sehr dankbar, diesen Ort gefunden zu haben.

Lagotto Romagnolo – ein sensibler Begleiter

Der Lagotto Romagnolo ist ein intelligenter, arbeitsfreudiger Hund, der ursprünglich als Trüffelsucher in Italien gezüchtet wurde. Doch trotz seiner vielen positiven Eigenschaften zeigt diese Rasse oft eine ausgeprägte Sensibilität. Lagotti sind häufig zurückhaltend und skeptisch gegenüber Fremden und neuen Situationen – sie sind (anders, als es oft dargestellt wird) keine typischen „Familienhunde“, die sich sofort in jeder Umgebung wohlfühlen. Stattdessen brauchen sie Geduld, Struktur und einen einfühlsamen Umgang. Wer sich auf sie einlässt, bekommt einen treuen, feinfühligen Gefährten.

Text: Jelka (Kundin und zuständig für Design & Entwicklung der Website)